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4-Sterne Familienbetrieb

Mit Konsequenz zum Erfolg

 

Das 4-Sterne-Hotel Penzinghof in Oberndorf in Tirol ist in vielerlei Hinsicht vorbildhaft: Der Familienbetrieb wird in dritter Generation eindrucksvoll von Christine Lindner geführt. Die 42-Jährige setzt auf gesundes Wachstum und höchste Qualität, auf familiäres Miteinander und Wohlfühlatmosphäre für Gäste und Mitarbeiter. Bei Entscheidungen hört sie auf ihr Bauchgefühl – ein Ratschlag, den ihr noch ihr 2020 verstorbener Vater Stefan Lindner sen. mit auf den Weg gegeben hat.

 

Frau Lindner, Sie waren erst 23 Jahre alt, als Sie 2003 gemeinsam mit Ihrer Schwester Barbara den Penzinghof übernommen haben. Wie konnte Ihr Vater sicher sein, dass die zwei jungen Töchter den Betrieb erfolgreich weiterführen würden?

Das konnte er nicht, aber er hat uns vertraut. Mein Vater war ein Visionär mit großem Weitblick, aber auch ein Gefühlsmensch. Er war erst 60 Jahre alt, als er den Betrieb an uns übergeben hat. Er vertrat die Überzeugung, dass man frühzeitig die junge Generation ans Werk lassen soll, damit diese die Chance hat, den Betrieb in ihrem Sinne weiterzuentwickeln.

Für viele Unternehmen – quer durch alle Branchen – ist die Betriebsübergabe eine echte Herausforderung. Oft zerbrechen Familien sogar daran. Warum hat es bei Ihnen so gut geklappt?

Mein Vater hat von Anfang klargestellt: „Wenn ihr mich fragt, helfe ich euch.“ Aber grundsätzlich hat er uns einfach machen lassen und sich selbst sehr zurückgenommen. Wir haben sehr viel miteinander geredet – das tun wir Geschwister noch heute. Bis auf meine Schwester Barbara, die mittlerweile in Südtirol verheiratet ist, sind meine vier weiteren Geschwister allesamt im Betrieb eingebunden. Meine Brüder Stefan und Andreas bewirtschaften unsere Landwirtschaft, den 400 Jahre alten Schörgerer Hof samt Hofkäserei. Mein Bruder Georg unterstützt mich im Penzinghof und betreibt mit seiner Frau die Ferienwohnungen „das Luis“ und meine Schwester Elisabeth und ihr Mann sind für unseren Skishop „die Stailerei“ und die Ferienwohnungen „das Stefan“ verantwortlich. Auch meine Mutter Christl und meine Tante Barbara sind in Skihütte und Hotel tätig.

Und dennoch sind es am Ende Sie, die die Entscheidungen trifft?

So ist es, aber – wie gesagt – ich habe die Unterstützung meiner Geschwister, wir reden und diskutieren viel. Mein Vater hat mir einen guten Rat mit auf den Weg gegeben, indem er sagte: „Christine, du kannst dir alles anhören, aber die Entscheidung, die du triffst, muss für dich passen. Hör immer mehr auf dich als auf die anderen.“ Mit diesem Ratschlag fahre ich sehr gut, auch wenn es für außenstehende Personen seltsam erscheint, wenn ich wieder einmal eine Bauchentscheidung treffe, die mit hohen Investitionssummen einhergeht. Auch ich musste erst lernen, dass ich meinem Bauchgefühl zu hundert Prozent vertrauen kann.

 
 

Der Penzinghof ist sehr breit aufgestellt und vielfältig. Ist diese Vielfalt ein Erfolgsgeheimnis?

Für uns stimmt diese Mischung sehr gut: das Hotel, das À-la-Carte-Restaurant, die Gäste, die Einheimischen, die Stammgäste, die Laufkundschaft, der Day-Spa-Besucher. Wir haben das zu Corona-Zeiten gesehen: Wenn ein Bereich ausfällt, hat man noch die anderen Standbeine. Natürlich ist das alles auch sehr viel Arbeit, aber die Synergien überwiegen.

Welchen Vorteil bringt es für ein Hotel wie den Penzinghof, über eine eigene Landwirtschaft zu verfügen?

Unfassbar große Vorteile, so haben wir beispielsweise ausschließlich Fleisch von unseren eigenen Tieren. Rund 100 Rinder, Kälber und Schweine brauchen wir jährlich. Sie werden in Söll geschlachtet und von einem ansässigen Metzger zerlegt. Wir verarbeiten immer die ganzen Tiere: Unsere Gäste rufen schon an, um zu fragen, wann es etwa wieder Beuschel oder Kalbsbries gibt. Wir haben eigenen Speck, eigene Wurst und Pastrami – sogar am Frühstücksbuffet haben wir ausschließlich hofeigene Wurstwaren. Außerdem haben wir 900 Hühner: In der Hochsaison brauchen wir bis zu 700 Eier täglich. Wir verarbeiten die eigene Milch, käsen selbst, brennen Schnaps. Es ist ein Segen!

Der Penzinghof verfügt über das Europäische und das Österreichische Umweltzeichen und wurde vom Bundesministerium für die gelebte Partnerschaft zwischen Gast- und Landwirten ausgezeichnet. Wann wurde das Thema Nachhaltigkeit für Ihren Betrieb so wichtig?

Ich würde sagen: Immer schon! Mein Vater war Gastronom, Hotelier und Landwirt in einem. Kleine Kreisläufe zu fördern und auch als lokaler Arbeitgeber Verantwortung zu übernehmen, ist uns immer schon ein wichtiges Anliegen. Wir beziehen das Brot vom lokalen Bäcker, den Fisch aus Fieberbrunn, das Gemüse aus Kirchdorf und die Kräuter aus Söll, die Milch ausschließlich von Tirol Milch oder Bergland Milch. Regionalität klappt auch im großen Stil, wenn man will.

 

"Wir verarbeiten die eigene Milch, käsen selbst, brennen Schnaps. Es ist ein Segen!"

Christine Lindner, Eigentümerin Hotel Penzinghof

Corona war eine immense Herausforderung für die Branche. Wie ist es Ihnen ergangen?

Durch die Pandemie wurde vieles neu beleuchtet und sie hat uns die Möglichkeit gegeben, Dinge zu erkennen, zu korrigieren und weiterzuentwickeln. So haben wir seit Corona zwei Ruhetage im Restaurant, was vorher unmöglich erschien, aber auch Convenience-Produkte, die unsere Gäste lieben. Corona hat aber auch gezeigt, welcher Hotelier oder Gastronom mit Herzblut dabei ist. Ich denke, die nächsten Jahre werden das noch ganz stark aufzeigen: Nur wer wirklich gerne tut, was er macht, wird bestehen.

Auch das Thema Personal wurde durch Corona angeheizt. Wie geht es Ihnen damit?

Wir haben im Winter rund 70 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, viele davon seit Jahren und Jahrzehnten. Die Arbeit ist intensiv, aber wer arbeitet, soll dafür auch angemessen entlohnt werden. Aktuell bekommen wir wieder verstärkt Anfragen – auch aus der Region – und auch Lehrlinge, was uns sehr freut. Eine gute Atmosphäre, Respekt, Wertschätzung und ein Miteinander auf Augenhöhe sind uns wichtig. Wir fördern unsere Mitarbeiter, bieten ganz viele Kurse und Weiterbildungen in unterschiedlichen Bereichen an. Die Mitarbeiter müssen mitspielen – sie geben unsere Herzlichkeit und Freude an die Gäste weiter.

 

Wie hat sich das Gästeverhalten durch die Pandemie verändert?

Corona hat die Entwicklung des Sommertourismus extrem beschleunigt: Wir sehen hier eine Kehrtwende, nämlich dass der Sommer stärker wird als der Winter. Und hier gilt es ganz klar, sich neu aufzustellen.

Wie gelingt in einem Betrieb wie dem Ihren der Spagat zwischen Tradition und Innovation?

Indem man bodenständig und in seiner Mitte bleibt. Trends sind wichtig, aber jeder Betrieb muss für sich sehen, wie er diese so wandeln kann, dass sie auch zu ihm passen. Wir setzen nur Ideen um, mit denen wir uns wirklich wohlfühlen, wir wollen uns weder verstellen noch irgendetwas kopieren. Diese Authentizität spüren auch die Gäste.

Sie haben bei großen Köchen wie den Brüdern Obauer und Johanna Maier gearbeitet. Was haben Sie dort über Erfolg gelernt?

Erfolg stellt sich ein, wenn man konsequent und ausdauernd ist. Die großen Köche sind wahre Meister der Organisation, der Qualitätskontrolle und der Verwertung. Um lange Zeit auf so hohem Niveau zu arbeiten, muss man immer sehen, dass es einem selber gut geht und dazu braucht es persönliche Auszeiten, die ich mir beim Skifahren oder Mountainbiken hole.

 
 

In Ihrer Küche finden sich ausschließlich WIBERG Gewürze, warum?

Weil ich die Qualität und die klaren, guten Produkte schätze. Vor zehn Jahren haben wir etwa auf Ursalz umgestellt, weil uns Bekömmlichkeit und Verträglichkeit wichtig sind. Mit den Gewürzen von WIBERG erziele ich mit wenig Aufwand ein richtig gutes Ergebnis. Genau das ist es, was ich mir in der Küche wünsche.

Was wäre Ihr persönlicher Ratschlag für alle, die einen Familienbetrieb weiterführen und -entwickeln möchten?

Es ist wichtig, immer wieder einmal innezuhalten und zu überprüfen, ob man das, was man tut, wirklich mit Herzblut macht. Man muss es wollen und man muss es leben – das ist die wichtigste Voraussetzung. Außerdem ist es wichtig, einen klaren Kopf zu bewahren und sich nicht auf das Jammern von anderen einzulassen. Bei jeder Entscheidung sollte man schauen, dass man bei sich und in seiner Mitte bleibt. Und reden – viel miteinander reden hilft sehr.